Unser Charlottenberg

Die Gemeinde Charlottenberg ist das jüngste Dorf der Verbandsgemeinde Diez. Ihre Gründung steht in Zusammenhang mit der Flucht zahlreicher Waldenser aus dem „Val de Cluson“, einem Tal in den cottischen Alpen. Die Waldenser hatten sich 1532 der Reformation nach der Lehre von Calvin angeschlossen. In Folge der erzwungenen Rekatholisierung kam es im Val de Cluson 1685 und 1698 zu zwei Auswanderungswellen. 1687 erreichten ca. 100 Waldenser aus dieser ersten Welle die Esterau, wo sie durch Fürstin Elisabeth Charlotte Aufnahme fanden. Geplant wurde wohl, die Flüchtlinge geschlossen anzusiedeln. Die Umsetzung dieser Planungen scheiterte jedoch. Der größte Teil der Waldenser floh aus Angst vor einem französischen Vormarsch. Nur sieben Waldenserfamilien blieben in der Esterau. 

Im Rahmen einer zweiten Auswanderungswelle kamen 1699 erneut Waldenser in die Esterau. Diese hatten den Winter in der Schweiz verbracht. Auf Vermittlung des dortigen niederländischen Botschafters kamen 57 von ihnen in die Esterau. Dort schlossen sie einen Vertrag mit Fürstin Elisabeth Charlotte, der, unter Gewährung von Privilegien, wie etwa der zehnjährigen Abgabenfreiheit und das Recht auf Gottesdienst in französischer Sprache, die Ansiedlung der Waldenser in einer eigenständigen Siedlung vorsah. Diese eigenständige Siedlung wurde schließlich entlang einer Fernstraße angelegt. Am 15. August 1699 wurden die zehn zu errichtenden Häuser auf die Flüchtlinge verteilt. Das Dorf Charlottenberg, benannt nach der Fürstin, entstand. Im Mai 1700 leisteten die Charlottenberger ihren Untertaneneid.

Die Waldenseransiedlung blieb in den ersten dreißig Jahren ihres Bestehens eine relativ geschlossene Gemeinschaft. 

Die Charlottenberger wollten zunächst einmal französische Waldenser bleiben. Nichtsdestotrotz setzte ab 1730 ein Integrationsvorgang ein. Die Gemeinde stand auch unter gewissem Anpassungsdruck. Der Kontakt zu anderen Waldenserkolonien im Gebiet des heutigen Deutschlands war eher spärlich ausgeprägt. Zudem stand innerhalb der eigenen Gemeinde nur eine begrenzte Anzahl potentieller Ehepartner zur Verfügung. Vier schaumburgischen Soldaten gelang der Einbruch in die geschlossene Ehe- und Lebensgemeinschaft von Charlottenberg. 1744 lebte die erste „deutsche“ Familie in Charlottenberg, nachdem ein Soldat in zweiter Ehe geheiratet hatte.  Die Waldenser aus Charlottenberg wurde in die Pfarrei Dörnberg integriert und gingen nun in Dörnberg zur Schule.

Mitte des 18. Jahrhunderts änderte sich nicht nur die Anpassungsbereitschaft, sondern auch der Charakter des Dorfes. Mit dafür verantwortlich war der aufkommende Bergbau, der vor allem durch die Grube Holzappel symbolisiert wird. Die Grube sorgte für die Neuansiedlung zahlreicher Bergleute, die schließlich in Charlottenberg Ehepartnerinnen fanden und sich im Ort niederließen. Auch die Sozialstruktur änderte sich deshalb. Aus einem – trotz eher karger Böden – Bauerndorf wurde ein Bergarbeiterdorf mit landwirtschaftlichem Nebenerwerb.

1806 verloren die Grafschaft Holzappel und die Herrschaft Schaumburg ihre Selbständigkeit und Charlottenburg wurde Teil des neugegründeten Herzogtums Nassau. Im 19. Jahrhundert wuchs die Siedlung weiter. 1822 waren aus den zehn Häusern der Gründung bereits 24 geworden. 1852 waren es bereits 40 Wohnhäuser. Das Bevölkerungswachstum hing wohl mit der Grube Holzappel zusammen, zugleich verließen auch einige Einwohner das Dorf. 

1870 erhielt Charlottenberg erneut einen eigenen Lehrer. Dieser unterrichtete zunächst in einer Charlottenberger Gastwirtschaft, bis schließlich 1874 ein neues Schulhaus errichtet wurde. 1889 hatte Charlottenberg 227 Einwohner, wobei 55 von ihnen als Arbeiter (10) oder Bergleute (45) in der Grube Holzappel oder in der Aufbereitung Laurenburg beschäftigt waren. Seine höchste Bevölkerungszahl erreichte Charlottenberg 1900, als in der Gemeinde 240 Personen wohnhaft waren.

Auf den Ersten Weltkrieg, in dem 8 Charlottenberger starben und zwei vermisst wurden, folgte 1923 und 1924 der Bau der Wasserleitung. 1923 wurde Charlottenberg zudem elektrifiziert. Im Zweiten Weltkrieg hatte Charlottenberg 18 Gefallene und 6 Vermisste zu beklagen. Am 27. März 1945 besetzten amerikanische Truppen das Dorf.

1952 wurde die Grube Holzappel stillgelegt. 1965 wird der Schulverband Esterau ins Leben gerufen. Ab 1969/70 besuchen die Charlottenberger Schülerinnen und Schüler die neue Schule in Holzappel, die 1975 in die Trägerschaft der Verbandsgemeinde Diez übergeht. 1982 wies die Gemeinde entlang der Holzappeler Straße das Neubaugebiet „Schöne Aussicht“ mit 10 Bauplätzen aus; 1999 folgte das Baugebiet „Im Linterfeld“ mit 6 Bauplätzen. 

Heute hat Charlottenberg 161 Einwohner und Einwohnerinnen.